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Die Ermittlung des Garnbedarfs ist in einem bestimmten Fall recht einfach: Wenn für eine konkrete Strickanleitung nicht das angegebene Garn verwendet werden soll, sondern ein anderes, das ein wenig dicker oder dünner ausfällt. Die Rechnung erfolgt dann mithilfe einer recht einfachen Formel: Die laut Anleitung benötigte Gesamtlauflänge wird dividiert durch die Lauflänge eines Garnknäuels der gewünschten Wolle. Das Ergebnis dieser Rechnung ist die Anzahl der nötigen Docken. Im Folgenden wird die Formel näher erläutert und es werden ihre Grenzen aufgezeigt. Denn was so einfach klingt, hat auch seine Tücken.

Die insgesamt benötigte Lauflänge wird ermittelt anhand der Angaben zum empfohlenen Garn. Zwei Werte sind dabei entscheidend: die benötigte Menge des Originalgarns in Gramm und die Lauflänge dieser Wolle. Beides sollte eigentlich in jedem Anleitungstext mitgeliefert werden. Fehlt die Angabe der Lauflänge dennoch aus irgendeinem Grund, lässt sich diese meist recht einfach herausfinden. Ist der Hersteller oder die Marke des Garns genannt oder bekannt, hilft eine Internetrecherche weiter. Noch einfacher ist diese Suche, wenn zusätzlich auch die Bezeichnung des konkreten Produkts bekannt ist. In irgendeinem Onlineshop wird es genau dieses Garn wahrscheinlich geben, und so hat man auch schnell die Lauflänge dieses Garns herausgefunden. Diese Angabe steht immer auf der Garnbanderole.

Liegen beide Angaben vor, dann funktioniert die Rechnung so: Für ein langärmliges Oberteil werden laut der Strickanleitung zum Beispiel 500 Gramm Wolle benötigt. Das in der Anleitung genannte Garn wird in 50-Gramm-Knäueln verkauft. Von diesem Originalgarn würde man also zehn Knäuel benötigen, um auf die erforderliche Menge für das Oberteil zu kommen. Die Lauflänge dieser Beispiel-Wolle ist mit 100 Metern auf 50 Gramm angegeben. Gerechnet werden muss also zehn Knäuel mal 100 Meter. Das ergibt eine Gesamtlauflänge 1000 Metern (wow!).

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Nun kommt der dritte Wert ins Spiel – die Lauflänge der Wolle mit der man eigentlich stricken möchte. Sie beträgt zum Beispiel 110 Meter auf 50 Gramm und ist damit ein wenig dünner. (Da es ja mehr Meter von diesem Garn braucht, um auf die selbe Menge von 50 Gramm zu kommen.) Wie oben im Text genannt, wird nun wie folgt gerechnet: Die Gesamtlauflänge des Originalgarns von 1000 Metern geteilt durch die Lauflänge von 110 Metern des gewünschten Garns, ergibt 9,09 Knäuel. Benötigt werden also rund zehn Docken von dem Wunschgarn.

Diese Rechenmethode ist simpel und kann im Wollgeschäft zur Not auch mal schnell im Kopf erledigt werden. Allerdings hat sie ihre Grenzen. Diese Formel zur Ermittlung des Garnbedarfs bietet sich nur bei geringen Abweichungen der Lauflänge an. Denn die Voraussetzung dafür, dass diese Rechnung tatsächlich aufgeht, ist eine identische Maschenprobe. Es wird also vor dem Stricken noch mindestens einen Teststrick geben müssen und dann wahrscheinlich einen zweiten mit einer anderen Nadelstärke. Ist der Unterschied zwischen der Lauflänge des Originalgarns und der Lauflänge der gewünschten Wolle zu groß, wird diese Methode überhaupt nicht mehr funktionieren. Ebenfalls wichtig ist die Zusammensetzung des Garns. So macht es einen erheblichen Unterschied, ob mit reiner Baumwolle oder mit einem Alpaka-Garn gestrickt wird.

 

Die Frage, wie viel Wolle brauche ich für mein Strickprojekt, stellt sich auch noch in anderen Situationen: Für einen eigenen Strickentwurf zum Beispiel. Die Ermittlung des Garnebedarfs für ein eigenes Strickdesign ist eine kleine Herausforderung, die aber zu bewältigen ist. Wer einen Schal oder ein Sommertop nach eigenen Vorstellungen verwirklichen will, hat zwei grundlegende Möglichkeiten: der Garnbedarf kann geschätzt werden oder berechnet werden. Das bedeutet: Entweder kann man sich nach den Verbrauchsangaben für ein ähnliches Modell aus dem (annähernd) selben Material richten und den Garnbedarf auf dieser Grundlage grob überschlagen oder man kann den ungefähren Garnbedarf selber ausrechnen. Beide Herangehensweisen werden im Folgenden ausführlich beschrieben.

 

Den Garnbedarf schätzen
Soll ein ähnliches Strickmodell als Vorlage für einen eigenen Entwurf dienen, hilft eine Strickanleitung weiter, die sich bereits bewährt hat. Es lohnt sich also dafür bereits gebrauchte Strickanleitungen aufzuheben. Auch kostenfreie Strickanleitungen, die es im Internet auf verschiedenen Webseiten der Strick-Community gibt oder auf einschlägigen Plattformen heruntergeladen werden können, können eine Hilfe sein. Auf der Grundlage dieser Strickanleitung beziehungsweise den jeweiligen Angaben zum verwendeten und benötigten Material für das Vorgängermodell, kann der Garnbedarf für den Entwurf eines eigenen Strickdesigns zumindest schon mal geschätzt werden.


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Wichtig zu wissen ist, dass sowohl die Konfektionsgröße und das Strickmuster des Vorgängermodells als auch das verwendete Material ähnlich ausfallen sollten wie für das geplante Modell vorgesehen. Ist das Vorbild zum Beispiel im Zopfmuster gestrickt, fällt der Garnbedarf geringer aus, wenn der Pullover nun einfach glatt rechts gestrickt werden soll. Genauso verhält es sich beim verwendeten Material: Ist das Strickmuster das selbe oder in etwa ähnlich, verbraucht ein sehr feines Lacegarn immer noch mehr Wollknäuel als ein dicker Faden aus Alpakawolle.

Grundsätzlich gilt: Es ist immer ratsam ein wenig mehr Wolle oder Garn zu kaufen als zu wenig; vor allem dann, wenn der Garnbedarf für ein Strickmodell nicht genau ermittelt werden kann. Geht einem mitten in der Strickarbeit das Material aus, kann man es zwar theoretisch in der selben Farbnummer nachkaufen, aber es ist nicht sicher, dass es auch mit der benötigten Partienummer erhältlich ist. Hier gibt es sechs Tipps für den Wolleinkauf. Wo die Partienummer auf der Garnbanderole steht und warum sie zu den wichtigsten Angaben zählt, die ein solcher Umschlag eines Knäuels bereithält, kannst du hier nachlesen. Wer nicht nur überschlagen möchte, wie viel Material benötigt wird, fängt besser an zu rechnen.

 

Den Garnbedarf berechnen
Um den Garnbedarf für einen eigenen Strickentwurf berechnen zu können, braucht es drei Dinge: Ein Knäuel des gewünschten Garns, eine Waage und ein Maßband. Darüber hinaus muss zu diesem Zweck eine Maschenprobe gestrickt werden. Der kleine Teststrick muss hierzu in dem gewünschten gewünschten Muster angefertigt werden.




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Für das Probestück werden für gewöhnlich zehn mal zehn Zentimeter benötigt. Kleiner sollten die Maße einer Maschenprobe nicht ausfallen. Ist die Maschenprobe größer als zehn mal zehn Zentimeter, ist das hingegen kein Problem. Das ist sogar eher von Vorteil. Ist das Probestück fertig gestrickt, wird es gewogen und das Gewicht notiert. Für das nachfolgend aufgeführte Rechenbeispiel gehen wir der Einfachheit halber von einem zehn mal zehn Zentimeter großen Probestück aus, das ein Gewicht von zehn Gramm hat. Mit diesen Angaben lässt sich zum Üben gut rechnen.

Des Weiteren sollte die Größe beziehungsweise die tatsächlichen Abmessungen des geplanten Strickentwurfs bereits feststehen. Im Falle eines Pullovers werden die folgenden Maße benötigt: die Rückenbreite und die Länge – und zwar vom Hals bis zur Unterkante des Pullovers. Dieses Maß wird jeweils für das Vorderteil und für das Rückenteil benötigt. Und schließlich muss noch die Länge der Ärmel und die Oberarmbreite ermittelt werden. Sind diese Teile ausgemessen, geht es ans Rechnen.

Die mathematische Grundlage für die Ermittlung des Garnbedarfs ist die Flächenberechnung. Als Erstes wird die Fläche der Maschenprobe berechnet: Für das Beispiel-Probestück der Größe zehn mal zehn Zentimeter beträgt die Fläche 100 Quadratzentimeter.

Dann errechnet man die Fläche jedes Einzelteils des geplanten Strickstücks. Dabei geht man erst mal ohne Bedenken ans Werk. Man multipliziert immer die größte Breite mit der Gesamtlänge – denn wir wissen: lieber groß denken und dann etwas zu viel Garn haben als zu wenig. Die Einzelergebnisse für die genannten Strickteile werden addiert und die Summe schließlich durch die Fläche des Probestücks geteilt. Das Ergebnis wird mit dem Gewicht des Probestücks multipliziert.

Dieser Überblick war nun sehr theoretisch. Die folgende Beispiel-Rechnung hilft bei der Umsetzung der Rechenmethode in die Praxis.

Dieses Foto zeigt ein selbst gestricktes Stirnband aus Wolle. Das Stirnabnd hat zwei Farben: Schwarz und Hellblau. Das Stirnband ist im sogenannten Fair-Isle-Strickmuster gestrickt. Das Foto dient zur Visualisierung der kostenlosen Strickanleitung für ein Stirnband im Fair-Isle-Muster.
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Eine Beispielrechnung: Den Garnbedarf für einen Pullover berechnen
Der Beispiel-Pullover ist ein kastig geschnittener Herrenpullover der Größe L. Die folgende Beispielrechnung funktioniert aber selbstverständlich auch für ein Pullover-Modell für Damen oder Kinder. Als Erstes greifen wir zum Maßband und suchen uns die breiteste Stelle des Rückenteils. In diesem Beispiel misst das Rückenteil des Herrenpullovers an der breitesten Stelle 46 Zentimeter. Die Gesamtlänge des Pullovers vom Hals bis zur Unterkante beträgt 50 Zentimeter. Diese beiden Werte werden nun miteinander multipliziert. Das Ergebnis ist die (ungefähre) Gesamtfläche des Rückenteils. In diesem Beispiel beträgt die Gesamtfläche des Rückenteils 2300 Quadratzentimeter. Das Vorderteil des Beispiel-Pullovers hat die selben Maße wie das Rückenteil. Damit beträgt die Gesamtfläche des Vorderteils ebenfalls 2300 Quadratzentimeter. Diese beiden Angaben notieren wir und machen dann zunächst mit den Ärmeln des Beispiel-Pullovers weiter.

Kommen wir zu den Ärmeln: Die Oberarmbreite des Beispiel-Pullovers misst 30 Zentimeter und die beiden Ärmel sind jeweils 58 Zentimeter lang. Miteinander multipliziert, beträgt die Fläche eines Ärmels 1740 Quadratzentimeter. Für beide Ärmel gilt logischerweise der doppelte Wert: 3480 Quadratzentimeter. Auch diesen Wert notieren wir.

Nun werden die einzelnen Werte der Flächenangaben des Beispiel-Pullovers addiert: 2300 Quadratzentimeter für das Rückenteil plus 2300 Quadratzentimeter für das Vorderteil plus 3480 Quadratzentimeter für die beiden Ärmel. Das ergibt eine Gesamtfläche von 8080 Quadratzentimetern. Nun kommen wir zurück zur Maschenprobe.

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Der Wert für die Gesamtfläche (8080 Quadratzentimeter) des Beispiel-Pullovers wird im Folgenden durch die Fläche des Probestücks (es waren 100 Quadratzentimeter, siehe oben) geteilt. Nach diesem Rechenschritt stehen 80,80 Quadratzentimeter zu Buche. Das bedeutet, dass man aufgerundet 81 Mal soviel Wolle für den Beispiel-Pullover wie für das Probestück (der Größe zehn mal Zentimeter, siehe oben) benötigt, also 81 Gramm mal zehn Gramm. Das ergibt eine Gesamtmenge von 8100 Gramm Wolle für den Herrenpullover.

8100 Gramm sind eine ganze Menge. Der Grund, warum der Garnbedarf für den Beispiel-Pullover so hoch ausfällt, ist, dass die einzelnen Strickteile der Einfachheit immer an der breitesten Stelle gemessen wurden. Da ein Pulloverärmel oben breiter ist als unten und wir bei der Berechnung die Oberarmbreite zugrunde gelegt haben, kommen wir im Ergebnis auf diesen recht hohen Garnbedarf. Zudem wurden die Halsausschnitte von Vorder- und Rückenteil bislang nicht berücksichtigt. Hier werden beim Stricken für gewöhnlich Maschen abgenommen, um den Ausschnitt zu formen.

Im letzten Rechenschritt nähern wir das Ergebnis der Realität an. Hierfür ziehen wir an dieser Stelle der Rechenaufgabe noch einmal zehn Prozent vom Ergebnis ab: Zehn Prozent von 8100 Gramm sind 810 Gramm. Somit beträgt der ermittelte Garnbedarf für den Herrenpullover: 7290 Gramm.

Text: Christiane Mester

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