Ich glaub’, ich spinne

Das eigene Strickgarn selbst herstellen – wie toll ist das denn? Inspiriert von einem Buch über das kreative Spinnen habe ich mir eine Handspindel bestelllt, ein weiteres Buch – speziell über die Technik des Handspinnens und ein Kilo Wolle vom „goldenen“ Coburger Fuchsschaf. Rund 40 Euro habe ich ausgegeben und zwei Tage später ging es auch schon los mit der Wollproduktion.

 

Pünktlich zum Wochenende traf meine Bestellung ein. Das große Paket war nicht einmal zur Hälfte geöffnet, da quoll daraus ein bauschiges Vlies in herausragend schöner Farbe hervor: Ein heller Grundton mit zart karamellfarbenem Einstich. Wunderbar. Mitten drin, im voluminösen Wollbett des Kartons, fand sich die Handspindel – ganz glatt und aus hellem Fichtenholz gefertigt. Material und Werkzeug machten einen sehr guten Eindruck und die Vorstellung, daraus innerhalb kürzester Zeit ein strickfähiges Garn zu zwirbeln, löste augenblicklich Hochstimmung aus. Das neue Buch über die Technik des Handspinnens legte ich erst einmal zur Seite. Längst hatte ich mir bei YT nahezu alle verfügbaren Videos zum Spinnen mit der Handspindel angeschaut und war inzwischen der Vorstellung erlegen, dass es auch bei mir wie am Schnürchen klappen würde.

 

Mit Fingerspitzengefühl ans Werk
Gesagt getan. Als erstes habe ich damit begonnen, die kardierte Wolle zum Spinnen vorzubereiten. Dazu habe ich das breite Vlies der Länge nach in einzelne Bänder geteilt und jedes davon in Richtung des Faserverlaufs leicht auseinander gezogen. Mit beiden Händen Stück für Stück den Strang entlang hangelnd, arbeitete ich mich so von einem Ende zum anderen vor.

 



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Im Ergebnis waren die Bänder länger und entsprechend dünner, was beim Spinnen das Herstellen eines feinen Fadens begünstigen soll. Im Anschluss an das Vorziehen habe ich die Bänder aufgerollt, damit sich die einzelnen Portionen gut verstauen ließen. Dieser Teil lief ganz nach Plan, ich entwickelte schnell ein Gefühl für das Material. Was dann folgte, war eine Aneinanderreihung aller anfängertypischen Missgeschicke, die nur auftreten können.

 

Dreh dich, Wirtel!
Aus einer Wollschnecke zog ich einen feinen Strang Wolle aus und zwirbelte ihn mit den Fingern vorsichtig zu einem ersten Faden von etwa 40 cm Länge. Das Fadenende befestigte ich mit einem einfachen Knoten am Rundholz der Spindel, und zwar unmittelbar über der dicken Scheibe, dem sogenannten Wirtel. Von dort aus führte ich meine Schnur ein Mal unter dem Wirtel entlang und dann gleich wieder nach oben, zum Haken an der Spitze, und hängte mein Bändel dort ein. Nun baumelte die Spindel an meinem Faden und es konnte losgehen: Auf die linke Hand (die Faserhand) wickelte ich eine Portion von meinen Wollvorrat, hielt sie etwa auf Brusthöhe hoch und schnippte die Spindel mit der rechten (der Spindelhand) im Uhrzeigersinn an.




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Mit der Drehung zwirbelt sich der Strang zum Faden und der Drall wandert weiter nach oben in Richtung Faserhand. Bevor ich dort jedoch mehr Fasern zum Spinnen ausziehen konnte, damit sich der Faden verlängern kann, drehte sich die Spindel bereits wieder zurück in die andere Richtung. Damit löste sich der eben gesponnene Faden wieder auf und die Spindel fiel zu Boden. Welch grundlegende Fehler ich gemacht habe, musste ich dann später in dem Handspindel-Buch nachlesen: Zum einen hätte ich oberhalb des Hakens einen längeren Faden gebraucht und zum anderen habe ich für dieses kurze Stück, das ich gewählt hatte, zu schwungvoll gedreht – es entstand mehr Drall, als die Fasern aufnehmen konnten und das setzte den Faden derart unter Spannung, dass die Spindel wieder rumgerissen wurde und sich ausdrehte. Im Ergebnis riss der Faden mehrmals hintereinander und jedes Mal fiel die Spindel zu Boden. Nach einigen Versuchen hatte sich dann zu allem Unglück auch noch der Drall seinen Weg bis in den Wollvorrat gebahnt. Infolgedessen fiel es mir immer schwerer, dort neue Fasern auszuziehen. An dieser Stelle entschied ich mich schweren Herzens für die Schere, weil es bereits so fest zusammen hielt, dass es sich ohne weiteres nicht mehr aufdrehen ließ. Abschließend gesagt, wäre es also doch eine gute Idee gewesen, sich zunächst noch einmal dem Buch zu widmen.

Fotos und Text: Christiane Mester

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2 Kommentare

  1. Ich habe vor etlichen Jahren (als Kind) mal an dem alten Spinnrad von meiner Oma gesponnen. Eine echt schöne und meditative Sache…. Bekomme grad, nach deinem Bericht, richtig Lust, es mal wieder auszuprobieren.

    Liebe Grüße,
    Sarah

    1. Mit der Dallspindel hatte ich auch meine Schwierigkeiten, ich komme mit einer Standspindel besser klar. Da gibt es auch einige Videos zu, es ist alles reine Übungssache. Es sieht immer alles leichter aus als es ist. Drücke die Daumen!

      Grüße von einer begeisterten Spinnerin

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